Geschäftsvorschlag

Kürzlich erreichte mich ein richtig gut gemachtes Geschäftsangebot. Nicht so etwas Plumpes, wie die Millionen eines  Prinzen, eines Generals oder eines verstorbenen Samariters. Nein, es ging um ein ökologisch und ökonomisch korrektes Handelsgeschäft. Das traf ganz genau in mein grün-soziales Herz, sodass ich im allerersten Moment tatsächlich dachte, dies sei eine an mich persönlich gerichtete E-Mail, die mich nur deswegen nicht mit meinem Namen anspräche, weil dem ausländischen Absender wohl diese deutsche Formerfordernis nicht bekannt sei. Kann ja vorkommen.

Konkret schlug mir jemand im perfekten Englisch vor, für eine renommierte US-amerikanische Firma als Vertriebspartnerin südafrikanischer Heilpflanzen-Samen zu fungieren, dabei richtig gute Provision zu kassieren, in keiner Weise in Vorkasse gehen zu müssen und auch keinem Lieferdruck ausgesetzt zu werden. Alles in allem ein fairer Vorschlag, der auch der Firma selbst noch genügend Gewinne lassen würde. Die Ausdrucksweise der E-Mail ließ auf eine mit Handel und Buchhaltung in der westlichen Welt gut vertraute Person schließen.

Dennoch war der oder die Verfasser*in nicht ausgebufft genug, um einfache Fehler zu vermeiden. Bereits die erste Suchmaschinen-Anfrage nach der angeblich renommierten pharmazeutischen Firma ergab genau zwei Treffer – beides Seiten, die Scamming-Versuche auflisten. Die Firma existiert nicht nur nicht, ihr Name ist auch schon so oft verwendet worden, dass sie aktenkundig ist. Dann gab sich der oder die Verfasser*in keine Mühe, den Namen United States of America richtig auszuschreiben, was wohl kaum jemandem passiert, der/ die dort lebt. Als nächstes passte die Email-Adresse mit der Länderendung .sn nicht zu den USA. Und zum Schluss: Die E-Mail hatte keine geschäftliche Signatur mit Adresse, Telefonnummer etc pp. Nur einen recht ungewöhnlichen Namen: Dr. Weber Gray. – mmh? Üblicherweise unterschreibt man ja mit Vor- und Zunamen. Aber „Weber“ ist nun beim besten Willen kein Vorname, weltweit nicht.

Und natürlich wiesen auch einige Formulierungen im Text darauf hin, dass ich über den Tisch gezogen werden soll: Zum einen wird auf eine vorangegangene Korrespondenz verwiesen, die ich zu beantworten verabsäumt haben soll. So etwas soll schlechtes Gewissen und erhöhte Aufmerksamkeit erzeugen. Da ich ehrenamtlich für eine Bio-Einkaufsgemeinschaft engagiert bin (weshalb der Scam wohl auch zu mir kam), klappte dieser Trick auch einen Moment lang. Weil aber die geheimnisvollen Samen nie beim Namen genannt wurden, angeblich gegen Covid-19 wirken sollen und daher ganz schnell in ganz großen Mengen beschafft werden müssten, bloß die Ami-Firma dies angeblich nicht selbst könne, war es mit der Aufmerksamkeit vorbei und ich musste schmunzeln. Das war alles ein bisschen zu stark aufgetragen und am Ende in sich unlogisch. Letzteres sollte wohl mit den fetten Provisionen übertüncht werden.

Vermutlich wäre, wenn ich auf die E-Mail geantwortet hätte, eine ganze Armada geschäftsvorbereitender E-Mails auf mich zugekommen, um mein Vertrauen in die Idee zu festigen. Vermutlich wären irgendwann Probleme aufgetaucht, die sich mit einem substantiellen Vorschuss meinerseits lösen lassen würden. Die fette Provision vor Augen, überreagiert dann wohl der eine oder die andere und überweist eine ordentliche Summe. Oder zwei. Oder drei. Nur um bald festzustellen, dass der angebliche Geschäftspartner ab- und nie wieder auftaucht. Ebenso wenig wie das vorgeschossene Geld.


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